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Klang & Farbe

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Chromatik, Koloratur, Klangfarbe - nicht nur in diesen Begriffen verschmelzen Malerei und Musik. Seit vielen Jahrhunderten gehen sie einen ähnlichen Weg, nähern sich aneinander an und beeinflussen sich gegenseitig.
Es führen eben viele Wege ans Ziel.

KlangFarbe ist meine Bachelorarbeit im Fach Musikjournalismus, betreut von Prof. Michael Wende und Prof. Dr.  Peter Overbeck an der Hochschule für Musik Karlsruhe.
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Einführungsvideo

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Bei allen, die mir geholfen haben, dieses Projekt zu stemmen, möchte ich mich an dieser Stelle herzlich bedanken. Im Einzelnen sind dies:

Prof. Michael Wende und Prof. Peter Overbeck für die Betreuung der Arbeit.
René Sander und Dr. Anna Zassimova für die Interviews.
Prof. Dr. Benno Kotterba vom Schrifthof e.V. für die Gestaltung der Texttafeln.
Familie, Freunde und Kommilitonen für das regelmäßige Feedback.
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Vollbild
Monika Fink: Musik nach Bildern – Programmbezogenes Komponieren im 19. und 20. Jahrhundert, Innsbruck: Edition Helbig, 1988.

Karin v Maur(Hrg.): Vom Klang der Bilder – Die Musik in der Kunst des 20.Jahrhunderts, München: Prestel, 1985. Wassily Kandinsky: Über das Geistige in der Kunst, 10. Auflage, Bern: Benteli, 1952.

Michael Guery: Geschichte der Künste – von der Antike bis zur Gegenwart, Berlin: Reimer, 2009.
Elisabeth Oy-Marra/Klaus Pietschmann/Gregor Wedekind/Martin Zenck: Intermedialität von Bild und Musik, Paderborn, Wilhelm Fink, 2018.

Helmut Rösing: "Musik Und Bildende Kunst. Über Gemeinsamkeiten Und Unterschiede Beider Medien." International Review of the Aesthetics and Sociology of Music 2, no. 1 (1971): 65-76. Accessed April 29, 2021. doi:10.2307/836471.
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Geschichte der Bildvertonung

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Franzsepp Würtenberger(Hrg.): Malerei und Musik – Die Geschichte des Verhaltens zweier Künste zueinander, Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1979.

Elmar Budde: Musik – Architketur – Bildende Kunst erschienen in Im Spiel der Wellen – Musik nach Bildern hrg. v. Frank Schneider, München: Prestel, 2000.

Helga de la Motte-Haber: Klänge nach Bildern erschienen in „Im Spiel der Wellen – Musik nach Bildern“ hrg. v. Frank Schneider, München: Prestel, 2000.

Jörg Jewanski/Rolf Ketteler, Art. Musik und Bildende Kunst, Historisch-theoretischer Überblick, Von der Antike bis zur Aufklärung in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York 2016ff., veröffentlicht Juli 2015, https://www.mgg-online.com/mgg/stable/49811. http://klangschreiber.de/2011/10/27/verbindung-von-kunst-und-musik-1-teil/ (29.04.2021).

Christian Meyer: „Kandinsky und Schönberg – Musik und Malerei“, Arnold Schönberg Center 2014, https://www.youtube.com/watch?v=lXoH4aOWNwc (30.04.2021).

Csampai / Holland: „Der Konzertführer“. Rowohlt Verlag. o.O., o. J, https://www.takt1.de/konzertfuehrer/ludwig--van--beethoven/symphonie_nr._6_f-dur_op._68_(pastorale) (11.05.2021). 
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 Hajo Düchting: Paul Klee, München: Prestel, 1997. Christian Geelhaar(Hrg.): Paul Klee – Schriften, Rezensionen und Aufsätze, Köln: DuMont, 1976. Götz Adriani(Hrg.): Paul Klee – Die Sammlung Berggruen, Stuttgart: Gert Hatje, 1989.
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Hubert Henkel: „Die Zwitschermaschine“ https://www.deutsches-museum.de/fileadmin/Content/data/Insel/Information/KT/heftarchiv/1997/21-2-18.pdf (29.04.2021).

Sieglind Bruhn: Das tönende Museum, Waldkirch: Edition Gorz, 2004, Kapitel 1 Die Zwitschermaschine – Klangsymbol der Moderne, http://edition-gorz.de/bruhn1-01.pdf (29.04.2021).

Sieglind, Bruhn: Europas klingende Bilder, Waldkirch: Edition Gorz, 2013, S. 88-91.

Orit Hilewicz: Reciprocal interpretations of Music and Painting: Representation Types in Schuller, Tan and Davies after Paul Klee, Music Theory online, https://www.mtosmt.org/error.php (23.02.2021).

Walter Salmen: Die Zwitschermaschine: Zu gleichnamigen Werken von Paul Klee und Giselher Klebe, erschienen in Neue Zeitschrift für Musik, Jahrgang 147, Ausgabe 6, Mainz: Schott, 1986, Seite 14-18.

Oliver Knussen. “Peter Maxwell Davies's 'Five Klee Pictures'.” Tempo, no. 124, 1978, pp. 17–21. JSTOR, www.jstor.org/stable/945294. Accessed 12 June 2021.

 Leo Treitler: Notes, vol. 17, no. 4, 1960, pp. 659–660. JSTOR, www.jstor.org/stable/892425. Accessed 12 June 2021.
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"Paul Klee (1879–1940), Twittering Machine, 1922" by Tulip Hysteria / Go to albums is marked with CC PDM 1.0 

Lothar Lang: Die Zwitschermaschine und andere Grotesken, 4. Auflage, Berlin, Eulenspiegel, 1989.
→ Abbildung von Paul Klee: Konzert auf dem Zweig, 1921, S. 45.

Susanne Partsch, Paul Klee, Köln: Benedikt Taschen, 1990. → Abbildung von Paul Klee: Die Zwitschermaschine, 1922, S. 49.
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 Fragebogen: Götz Adriani (Hrsg.), Sabine Rewald: Paul Klee, Stuttgart, Gerd Hatje, 1989, S. 319. Schopenhauer: Franzsepp Würtenberger(Hrg.): Malerei und Musik – Die Geschichte des Verhaltens zweier Künste zueinander, Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1979.
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Klebe, Giselher: „Die Zwitschermaschine – Metamorphosen über das gleichnamige Gemälde von Paul Klee“, op. 7, WDR Bundesjugendorchester, Christof Prick(Ltg.); Koch Schwann, Koch Schwann, LC 1083, WDR, 1990.

Davies, Peter Maxwell: "Die Zwitschermaschine" aus "Five Klee Pictures", Philharmonia Orchestra, Peter Maxwell Davies(Ltg.); Naxos, LC 05537, London, 2013.

Ulrich Wiederspahn: "Improvisation" für Klavier solo, Privataufnahme, Karlsruhe 2021. (Zu hören zu Beginn jeden Videos und Hintergrundmusik des Hauptmenüs)
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Paul Klee malte seine Zwitschermaschine 1922. Die naturbeherrschende Maschinerie steht im Kontrast zur Komik der kindlich wirkenden Skizzenhaftigkeit. Auch stecken musikalische Ansätze in dem Gemälde, die eine Vertonung geradezu nahelegen.
Welche weiteren Konflikte stecken in diesem Bild? Durch welche Techniken verdeutlicht der Maler diese?

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Geschichte

Wie konnten sich zwei so unterschiedlche Medien wie Musik und Malerei überhaupt zu einer Symbiose vereinigen? Antwort: Über sehr lange Zeit.

Die Zwitschermaschine

Werfen Sie mit René Sanders einen genaueren Blick auf das Gemälde "Die Zwitschermaschine" von Paul Klee.

Vergleich zweier Bildvertonungen

Von Klees "Zwitschermaschine" gibt es 36 Vertonungen. Zwei davon schaut sich die Konzertpianistin Dr. Anna Zassimova exemplarisch genauer an. Die Komponisten sind Peter Maxwell Davies und Giselher Klebe.

Statistiken

Wann entstand die erste Bildvertonung? Wessen Bilder inspirierten die meisten Komponisten? Welche Besetzung ist die beliebteste?

Literatur

Literatur sortiert nach den einzelnen Kapiteln dieser Pageflow

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Hier können Sie das Einführungsvideo nochmal anschauen.

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Anteil vertonter Gemälde

Was inspirierte öfter, Malerei oder Skulptur?

Meistvertonte Bilder

Wie oft wurde zum Beispiel die "Zwitschermaschine" überhaupt vertont und welchen Platz auf der Rangliste nimmt sie dabei ein?

Beliebteste Instrumentierung

Wofür wurden Bilder öfter vertont: Kammerensemble oder großes Orchester?

Meistvertonte Maler

Klee, Dürer oder Rembrandt: Wessen Bilder wurden wohl häufiger vertont?

Vertonungen nach Jahren

1839 begann alles mit einem Bild, aber wie entwickelte sich das weiter?

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Anteil vertonter Gemälde

Die meisten Komponisten haben sich an Malereien inspiriert - egal ob Tafelmalerei, Aquarelle oder Glasmalerei. Architektur, wozu ich hier auch Reliefs zähle, waren dagegen eher seltener Inspiration für ein Musikwerk und Fotografien kann man getrost als Ausnahmen bezeichnen.
Diese Zahlen können nur einen Eindruck von den Relationen geben, da nicht alle Kunstwerke einem Genre zugeordnet werden können - dennoch sind die Tendenzen hin zu Malerei deutlich zu erkennen.
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Pablo Picassos "Guernica" ist das meistvertonte Gemälde. Seit seiner Entstehung 1937 wurde es immer wieder als Inspiraitionsquelle für Komponist*innen genutzt - die letzte bekannte Vertonung stammt aus dem Jahr 2004.
"Die Zwitschermaschine" von Paul Klee liegt nur an zweiter Stelle, aber auch sie hat nach bald hundert Jahren nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. Bei den Recherchen für diese Bachelorarbeit wurden zehn weitere Vertonungen der "Zwitschermaschine" entdeckt, die bis dahin noch nicht auf musiknachbildern gelistet waren. Alle Statistiken dieser Pageflow basieren auf dieser Datenbank.
Arnold Böcklins "Toteninsel" dürfte in den Vertonungen von Sergei Rachmaninow und Max Reger zu den international bekanntesten Bildvertonungen überhaupt zählen. Carl Spitzwegs Gemälde hingegen wurden nur von deutschen und deutschsprachigen Komponisten vertont.
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Vertonungen nach Jahren

1839 begann alles mit Franz Liszts Vertonung von Raffaels Gemälde Lo Sposalizo. Es dauerte einige Zeit, bis sich die Vertonung von Gemälden oder anderer bildender Kunst in ein breiteres Interesse der Komponierenden fand. Interessanterweise finden wir die bekanntesten Werke aber vor der Zeit des eigentlichen Booms in den 1980er Jahren: Mussorgsky beendete die Bilder einer Ausstellung 1874 und die Toteninsel-Vertonungen von Rachmaninow und Reger erschienen 1909 und 1913. Heute sind über 2300 Bildvertonungen bekannt - die meisten danach wurden nach 1950 geschrieben.
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Meistvertonte Maler

Hier ist Paul Klee ganz klar die Nummer eins. Seine Werke eignen sich nicht zuletzt deshalb gut für Vertonungen, weil der Maler selbst eine Musikerkarriere angestrebt hatte, was er später allerdings verwarf und er spezialisierte sich auf die  Malerei. Er soll hervorragend Geige gespielt haben und betrachtete die Musik von Johann Sebastian Bach als quasi vollkommen.
Francesco di Goya und Pablo Picasso liegen auch weit vorne - nicht zuletzt, weil einige Werke von ihnen besonders oft vertont wurden (siehe Meistvertonte Gemälde).
Abgesehen von Marc Chagalls Kirchenglasfenstern(die sich durch die Tatsache abheben, dass sonst nur selten ein Kirchenfenster vertont wurde) zeichnet sich bei den anderen aufgelisteten Malern keine Tendenz zu einem Einzelwerk ab, das besonders häufig vertont wurde.
Es führen eben viele Wege ans Ziel.
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Eindeutige Zahlen aus der Seite musiknachbildern.at herauszulesen erweist sich hier als schwierig, da nicht alle Instrumentierungen auf die gleiche Weise eingetragen wurden (So macht es in der Tabelle einen Unterschied, ob da steht "Violine und Flöte" oder "Flöte und Violine"). Zusätzlich machen die schier endlosen Möglichkeiten der Spieleranzahl und Besetzung eines Kammerensembles eine Kategorisierung und Vereinheitlichung schwierig. Daher sind hier nur die größten zusammenhängenden Blöcke aufgelistet.
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Sir Peter Maxwell Davies schrieb seine Vertonung zwischen 1959 und 1962 - sie zählt damit zu den ersten Vertonungen dieses Bildes. Davies' Twittering Machine ist kein eigenständiges Werk, sondern ist der Mittelsatz aus seinem Orchesterwerk Five Klee Pictures. Daher ist das Stück auch sehr kurz.

Davies konstruierte das Stück in acht gleichlangen Abschnitten. In jedem kommen neue Instrumente hinzu, die teils Auskomponiertes spielen, teilweise improvisieren. In diesem Schichtverfahren steigert sich die Komposition gegen Ende hin und findet in einer sich stets beschleunigenden Drehbewegung ein abruptes Ende.
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Giselher Klebe schrieb die erste Vertonung der Zwitschermaschine überhaupt. Der vollständige Titel lautet:
Die Zwitschermaschine - Metamorphosen über das gleichnamige Gemälde von Paul Klee.
Das Orchesterstück im Rahmen der Donaueschinger Musiktage 1950uraufgeführt. Die vier Sätze dieses Werkes lassen sich intuitiv mit den vier Vögeln verbinden: Der erste Vogel wirkt am meisten selbstbewusst. Der zweite wirkt niedergeschlagen, der dritte introvertiert und der vierte angriffslustig (mit Blick auf die Kurbel). Diese Charaktere kommen auch in den einzelnen Musikabschnitten vor. Klebe ist der Einzige, der in seiner Vertonung eine Charakterstudie der einzelnen Vögel anfertigt: Vier Individuen in derselben fatalen Situation, wie reagieren sie darauf?

1. Satz: ab 0:00 Minuten
2. Satz: ab 3:49 Minuten
3. Satz: ab 6:45 Minuten
4. Satz: ab 9:55 Minuten
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Sie ist promovierte Musikwissenschaftlerin, Konzertpianistin und Malerin. Anna Zassimova zeigt uns ihren Blick auf die Symbiose Musik und Malerei und sie vergleicht die zwei Vertonungen der Zwitschermaschine von Peter Maxwell Davies und Giselher Klebe.
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Malerei und Musik sind ein Spiegel ihrer Zeit. Ob sie als Kunst oder als Handwerk angesehen werden, zu welchem Zweck man sie verwendet und ob man sie im Bezug zueinander setzen kann – das kommt alles auf die Ansichten der Zeitgenossen an.
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In der Antike haben sowohl bildende Kunst als auch Musik einen völlig anderen Stellenwert als heute. Musik galt als eine der sieben freien Künste, zu denen auch Mathematik zählte. Denn Pythagoras hatte herausgefunden, dass Musik auf Proportionen beruht, also auf mathematischen Verhältnissen. Mit deren Hilfe kann man die Intervalle bestimmen kann, die wir heute noch kennen. Aus diesem Grund sei Musik, laut Platon, eine geistige Arbeit und damit eine wissenschaftliche Disziplin. Die Malerei hingegen sei eine Nachahmung „fern der Wirklichkeit“ und folglich auch weniger wert. Platon lehnt sie entschieden ab: „Sie ist schlecht und erzeugt nur Schlechtes“[1], sagt er. Diese Ansicht wird sich viele Jahrhunderte lang halten.
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Im Mittelalter sprechen wir immer noch von den „septem artes liberales“, zu denen auch die Musik gehört. Malerei hingegen wird als Handwerk verstanden, kein Maler oder Architekt dieser Zeit hätte sich als Künstler bezeichnet. Allgemein war zu dieser Zeit das Ganze immer wichtiger als seine einzelnen Teile: Der Mensch hatte sich einzureihen in die Stände der Gesellschaft. Man tat und glaubte, was einem die Herren und die Kirche sagten – kein Platz für Individualismus!
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Mit dem Beginn der Renaissance bricht das alte Weltbild auseinander: Die Naturwissenschaften widerlegen die kirchlichen Lehren, Amerika wird entdeckt, Planetenbahnen werden berechnet und es können Phänomene rational erklärt werden, die bisher ein Mysterium waren. Und so wenden die Menschen ihre Aufmerksamkeit von Gott ab und konzentrieren sich auf ihre eigene Welt und damit auf ihr eigenes Leben.

Und so beginnt etwas Faszinierendes: Malerei und Musik sind nicht mehr reine Handwerkskunst. Sie beginnen individueller und komplexer zu werden. Auch kommen erste Ideen auf, wie sich diese beiden Künste verbinden lassen. Der Bildhauer Francesco Giorgio versucht schon 1525 die Proportionen von musikalischen Intervallen mit denen eines menschlichen Körpers gleichzusetzen[2]. Und der Architekt Andrea Palladio schreibt in einem Brief 1567: „Die Proportionen der Stimme sind die Harmonie der Ohren. Die Maße sind die Harmonien der Augen.“[3]
Musik und Malerei machen sich zunehmend los von Wissenschaft und herrschaftlichen Meinungszwängen.
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Dieser Trend der Individualisierung setzt sich fort - ebenso die Annäherung der beiden Kunstgattungen. Die Musik will nun vermehrt Emotionen hervorrufen. Auch imitiert sie Naturlaute, sie versucht abzubilden. Das geschieht häufig in den Nummernopern der Zeit: Hier gibt es sogenannte Tableaux, man hört hier Meeresrauschen, Windpfeifen, Vogelgezwitscher usw. Diese Tableaux verstand man quasi als bewegte Bilder[4].
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 Da die Musik aber ab Mitte des 18. Jahrhunderts auch zunehmend nach ihrem ästhetischen Gehalt bewertet wurde, gab es noch nicht übermäßig viel Platz für reine Klangmalerei - Musik sollte Emotionen hervorrufen, nicht die Wirklichkeit nachahmen. Schiller und Goethe standen deshalb dieser imitierenden Musik skeptisch gegenüber. Schiller hielt zum Beispiel nicht viel von Haydns Oratorium Die Jahreszeiten[5], wo man unter anderem Vogelgezwitscher und Jagdgewehre schießen hört.

Und Goethe äußert sich: „Töne durch Töne zu malen: zu donnern, zu schmettern, zu plätschern und zu patschen, ist detestabel.“[6] Und in einem Brief schrieb er: „Das Innere in Stimmung setzen, ohne die gemeinen äußern Mittel zu brauchen[,] ist der Musik großes und edles Vorrecht.“[7] Beethoven war sich dieser Problematik bewusst und fügte seiner Sinfonie Pastorale op. 68 in Klammern die Unterüberschrift „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei“ hinzu[8].
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Und selbst in der Programmmusik in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist dieser Konflikt nicht vom Tisch. Natürlich werden einerseits außermusikalische Themen in die Musik mit einbezogen (sprechende Werktitel, Geräuschnachahmungen, eindeutige Stimmungsbilder). Trotzdem lehnt auch Franz Liszt die reine Übersetzung eines Gemäldes in Musik ab: „Es ist klar, daß Dinge, die nur objektiv der äußeren Wahrnehmung angehören, der Musik in keiner Weise Anknüpfungspunkte zu geben vermögen und der letzte Schüler der Landschaftsmalerei mit einigen Kreidestrichen eine Absicht getreuer wiedergeben kann."[9]
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Laut Liszt kann nur ein Gemälde einen szenischen Moment abbilden, Musik hingegen kann Stimmung erzeugen und diese sich entwickeln lassen. Folglich sucht man vergebens in seiner Bildvertonung Lo Sposalizo (Die Vermählung der Heiligen Maria, gemalt von Raffael) einen Hochzeitsmarsch oder ähnliches. Das Stück ist eine Widerspiegelung der Stimmung, die Liszt beim Betrachten dieses Gemäldes verspürt hat. Hier ein Ausschnitt aus dem Gemälde.
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Von nun an entwickeln sich bildende Kunst und Musik parallel weiter: Wagner generiert die Idee eines Gesamtkunstwerks. Die Impressionisten deuten sowohl in der Musik als auch in der Malerei nur ihre Ideen und Motive an. So zwingen sie den Rezipienten dazu, sich selbst Gedanken zu machen, selbst kreativ das Kunstwerk im eigenen Geiste zu vervollständigen.
Und auch Künstler, die wenig abstrakt arbeiten, sind ein Spiegel ihrer Zeit. Max Klingers dargestelltes Bild ist grotesk und unheimlich. Ähnlich werden die immer ausgedehnteren Harmonien der Komponisten auf das Publikum wirken
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Einzelne Strömungen um 1900 zeigen auch ihre Parallelen in beiden Kunstgattungen: Alexander Skrjabin arbeitete geradezu besessen an einem System, Musik und Farbe zu verbinden und und seinem Prometheus gemeinsam wirken zu lassen. Man beachte hier in der ersten Zeile der Partitur den Eintrag Luce(Licht) - Skrjabin hat jedem der zwölf Töne eine Lichtfarbe zugeordnet und zeigt so, an welcher Stelle des Stücks welche Farbe das Publikum sehen soll[11].
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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird die Abstraktion in den Künsten radikalisiert. Arnold Schönberg befreit die Musik von einem tonalen Zentrum und führt mit der Dodekaphonie eine „Demokratie der Töne“ in der Musik ein. Wassily Kandinsky ist fasziniert von dieser Musik. Nachdem er 1911 ein Konzert mit Schönbergs Werken gehört hatte, malte er das hier ausschnittsweise abgebildete Werk Impression III. Gleich danach schreibt er dem ihm völlig fremden Komponisten einen Brief. So, wie Schönberg sich von den konventionellen Strukturen der Ästhetik löst und nur noch mit Klang arbeitet, so will Kandinsky in seiner Kunst die Farben wirken lassen, indem er die Formen reduziert und Realistisches ausspart.
Der Komponist zeigt sich hocherfreut über Kandinskys Brief. Die beiden verbindet kurze Zeit später über viele Jahre hinweg eine tiefe Freundschaft[10].
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Schon lange vor Paul Klee haben Maler versucht, die Musik in ihren Werken zum klingen zu bringen: Sie zeigen die Emotionen der Musiker oder lassen schlicht ein Notenpapier für den Betrachter sichtbar, auf dem der Titel des gespielten Werkes steht.
Paul Klee geht in seiner Zwitschermaschine noch weiter, denn seine vier Vögel erinnern von Ausdruck und Charakter an die vier Sätze einer Sinfonie. Die Halterung der Apparatur kann man leicht einem Notenständer assoziieren. Zusätzlich geben die verschieden geformten Zungen und der Kopfschmuck auch Hinweise auf die möglichen Klänge, die die Vögel von sich geben: Einstimmig und luftig könnte zum Beispiel die Melodie des dritten Vogels wirken, während die spitze Zunge und der ausgefranste Federschmuck des vierten Vogels scharfe Dissonanzen suggeriert.
Zum Anfang
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts bringt die Aleatorik, also das „Würfeln“ von musikalischen Parametern wie Notenwerten und Tonhöhen, das Zufallselement in die Musik – ähnliche dem Drip Painting von Jackson Pollock. Das ist eine Technik, bei der Farbe auf die Leinwand getropft gespritzt oder gegossen wird und damit das Endergebnis weniger kontrollierbar ist. Aufgrund dieser immer enger verschlungen werdenden Beziehung zwischen Malerei und Musik überrascht es nicht, dass die meisten bekannten Bildvertonungen nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden sind (siehe Kapitel Statistiken).
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Selbst wenn die Malerei nur klangspektrumsgleich Farbübergänge schafft, so wie hier in Jakob Weders "Symphony in blau", so zieht sie uns doch in ihren Bann.
Die Geschichte des Eklektizismus von Musik und Malerei ist eng verwoben mit der jeweiligen Geisteshaltung der Menschen. So unterschiedlich die unbewegliche, optische Malerei und die flüchtige, akustische Musik sein mögen, so mannigfaltig sind ihre Symbiosen: Klangmalereien, Stimmungsbilder, Inspirationen.
Es führen eben viele Wege ans Ziel.
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 [1] Jörg Jewanski/Rolf Ketteler, Art. Musik und Bildende Kunst, Historisch-theoretischer Überblick, Von der Antike bis zur Aufklärung in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, Kassel, Stuttgart, New York 2016ff., veröffentlicht Juli 2015, https://www.mgg-online.com/mgg/stable/49811 

[2] Ebenda.

[3] Ebenda.

[4] Franzsepp Würtenberger(Hrg.): Malerei und Musik – Die Geschichte des Verhaltens zweier Künste zueinander, Frankfurt a. M.: Peter Lang, 1979, S 75.

[5 ] Elmar Budde: Musik – Architketur – Bildende Kunst erschienen in Im Spiel der Wellen – Musik nach Bildern hrg. v. Frank Schneider, München: Prestel, 2000, S. 14.

[6] ders., S. 15.

[7] ders., S. 16.

[8] Csampai / Holland: „Der Konzertführer“. Rowohlt Verlag. o.O., o. J, https://www.takt1.de/konzertfuehrer/ludwig--van--beethoven/symphonie_nr._6_f-dur_op._68_(pastorale) (11.05.2021).
Dem genauen Ort, wo dieses Zitat notiert worden sein soll, widersprechen andere Quellen. So schreibt F. Würtenberger, dieses Zitat habe Beethoven auf die Rückseite der Violinstimme notiert (S. 75), Elmar Budde spricht nur von einer „Bemerkung“ (S. 16).

[9] Helga de la Motte-Haber: Klänge nach Bildern erschienen in „Im Spiel der Wellen – Musik nach Bildern“ hrg. v. Frank Schneider, München: Prestel, 2000.

[10] Christian Meyer: „Kandinsky und Schönberg – Musik und Malerei“, Arnold Schönberg Center 2014, https://www.youtube.com/watch?v=lXoH4aOWNwc (30.04.2021).

[11] Vgl. Budde, S. 23f.


Bildquellen:
Maleri und Musik
Gustav Klimt, "Musik" https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Klimt_-_Musik1.jpeg

Antike
Unbekannt: Bankett-Szene, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Banquet_scene_Louvre_G135.jpg

Mittelalter
Unbekannter Autor, Cantigas de Santa Maria (leichtbearbeitet), https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Cantiga_bowed_plucked_lutes.jpg

Renaissance:
Gerhard van Honthorst, "Das Konzert", https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Van_Honthorst_Washington_October_2016-1.jpg von Alvesgaspar

Barock
Antoine Watteau, "Portrait of Julienne and Watteau in Garden Playing Violincello", https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Portrait_of_Julienne_and_Watteau_in_Garden_Playing_Violincel...

Sturm und Drang
Weimarer Denkmal von Schiller und Goethe, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Weimar_Goethe-Schiller-Denkmal_2012_03.jpg

Romantik
eigenes Bild einer Büste von Franz Liszt (Privatbesitz)

1839 - die erste Bildvertonung
Raffael: "Die Vermählung der heiligen Maria"(Lo Spozalizo) https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/06/Raffaello_-_Spozalizio_-_Web_Gallery_of_Art.jpg

Ende 19. Jahrhundert
Max Klinger, "Evocation", https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Evocation_(from_the_series_Brahms_Fantasies)_MET_DP822939.jp...
 
20. Jahrhundert
Alexander Skrjabin "Prometheus", Partitur Seite 1, https://imslp.org/wiki/Special:ImagefromIndex/05221/qroj

Schönberg und Kandinsky
Wassilly Kandinsky "Impression III", https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Wassily_Kandinsky_-_Impression_III_(Concert)_-_Google_Art_Pr...

Nachkriegszeit
Drip Painting https://unsplash.com/photos/wsVOc34cQ_Q

Résumé:
https://jakobweder.ch/gemalde/ mit freundlicher Erlaubnis des Seitenbetreibers. Die anderen Bilder sind geprüftermaßen rechtefrei oder vom Verfasser.

Literatur
https://pixabay.com/de/photos/b%C3%BCcher-bibliothek-lesung-bildung-2606859/

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